[Event "Baku ol (Men) 42nd"] [Site "Baku"] [Date "2016.09.09"] [Round "7.1"] [White "Ragger, Markus"] [Black "Maze, Sebastien"] [Result "1-0"] [ECO "E99"] [WhiteElo "2697"] [BlackElo "2617"] [Annotator "Ragger Markus"] [PlyCount "97"] [EventDate "2016.09.02"] [EventType "team-swiss"] [EventRounds "11"] [EventCountry "AZE"] [SourceTitle "CB38_2016"] [SourceDate "2016.09.14"] [SourceVersion "1"] [SourceVersionDate "2016.09.14"] [SourceQuality "1"] [WhiteTeam "Austria"] [BlackTeam "France"] [WhiteTeamCountry "AUT"] [BlackTeamCountry "FRA"] 1. d4 Nf6 2. c4 g6 3. Nc3 Bg7 4. e4 d6 5. Nf3 O-O 6. Be2 e5 {Königsindisch ist eine der kompliziertesten Eröffnungen überhaupt und führt zu den spannendsten Partien. Die Weiß-Spieler haben jedoch einige Vorteile: zum einen haben sie die Wahl der Variante in der Hand und zum anderen steht Weiß objektiv in vielen Abspielen etwas besser, wobei meistens sehr zweischneidige Stellungen entstehen. Meine eigene Praxis stellt dabei keine Ausnahme dar.} 7. O-O Nc6 {GM Maze spielt neben Nimzoindisch auch sehr viele verschiedene Königsindischvarianten. Diesen Zug, der zur scharfen, weit analysierten Hauptvariante führt, spielte er erst einmal.} 8. d5 Ne7 {Die prinzipielle Hauptvariante der Königsindischen Verteidigung. Maze hat diese Variante offensichtlich speziell für mich vorbereitet, trotzdem entschied ich mich meiner Lieblingsvariante treu zu bleiben und ließ es auf eine Theorieschlacht ankommen.} 9. Ne1 {Dieser Zug wurde zum ersten Mal 1926 in Wien beim Meister Kongress zwischen Hoenlinger und dem Österreicher Duenmann gespielt.} Nd7 10. Nd3 f5 11. f3 f4 12. Bd2 g5 (12... Nf6 {wäre eine andere Zugfolge, die auch zur Partie überleiten könnte. Der russische Weltklassegroßmeister Grischuk bevorzugt diese Zugfolge.} 13. c5 g5 14. Rc1 Ng6) 13. Rc1 Ng6 {Die Idee der schwarzen Zugfolge ist es, c5 zu erschweren. Würde Weiß c5 mit b4 vorbereiten, ginge der Plan mit Läufer a5 nicht mehr.} 14. c5 {Trotzdem! Weiß möchte mit dem Bauernopfer den Damenflügel öffnen.} Nf6 {Schwarz spielt im Sinne des Königsinders, er überlässt den Damenflügel seinem Schicksal und setzt auf Königsangriff.} (14... Nxc5 15. Nxc5 dxc5 16. Na4 b6 17. b4 cxb4 18. Bxb4 $14 {Weiß hat gute Kompensation für den Bauern.}) (14... dxc5 15. b4 $1 cxb4 16. Nb5 $14 {Weiß hätte sein Ziel erreicht, den Damenflügel zu öffnen, während der schwarze Gegenangriff am Königsflügel noch in den Startlöchern steckt.}) 15. Nb5 Rf7 {ein typischer Zug im Königsinder. Schwarz plant die Umgruppierung mittels Läufer f8 und Turm g7. Damit vereint er Deckungsaufgaben am Damenflügel mit seinem Angriff am Königsflügel.} 16. Ba5 {[#] Die Idee des weißen Aufbaus: Weiß provoziert b6 und eine Felderschwäche auf c6. Er zieht den Läufer nach e1 zurück, von wo aus er wichtige Deckungsaufgaben am Königsflügel übernehmen kann. Diese Stellung hatte ich schon 6 Mal am Brett, 3 Siege, 2 Niederlagen, 1 Remis. Diese Variante könnte man schon fast als die Österreicher Variante bezeichnen, da sie in Partien von Fröwis, Huber, Schachchinger, Genser und im Fernschach von Knoll mehrfach angewandt wurde.} b6 17. cxd6 cxd6 (17... bxa5 $2 {Schwarz sollte das Figurenopfer nicht annehmen da die weißen Freibauern zu stark sind.} 18. dxc7 Qf8) 18. Be1 g4 {Die Empfehlung von GM Kotronias in seiner Königsindischserie.} (18... a6 {Diesen Zug spielte Grischuk gegen mich. Schwarz will Kontrolle über das Feld c6 zurückbekommen und verhindert, dass die weißen Figuren es erreichen können. Im Austausch dafür ist der schwarze Angriff am Königsflügel langsamer.} 19. Nc3 a5 20. Bf2 Rb8 21. a4 {Ich machte noch alle nützlichen Züge, bevor ich den Springer nach b5 stellte. Nach Sb5 folgt sogleich der Vorstoß des Bauern nach g4.} Bf8 22. Nb5 g4 $1 23. Rc6 Rg7 24. Qc2 Bd7 25. fxg4 $1 {Ein Muss! Wenn Weiß g3 zulässt, wird er Matt gesetzt!} (25. Rc1 g3 26. hxg3 Nh5 $1 $17 {Der schwarze Angriff schlägt durch.}) 25... Nxg4 26. Bxg4 Bxg4 27. Ne1 Nh8 28. Kh1 Nf7 29. h3 Bd7 30. Nf3 Ng5 31. Bh4 h6 32. Nxd6 Bxc6 33. Nf5 Be8 $13 {Weiß hat einen ganzen Turm weniger, aber fantastische Kompensation. Nach kompliziertem Kampf konnte Grischuk die Partie gewinnen, ansonsten hätte ich diese vielleicht ausführlicher kommentiert ;-) 0-1 (59) Ragger,M (2698)-Grischuk,A (2774) Skopje 2015}) 19. fxg4 $1 {Selbst mit dem Läufer auf e1 darf Weiß den Vormarsch des Bauern nach g3 nicht zulassen.} Nxe4 20. Nb4 a6 21. Bf3 $1 { ein wichtiger Zwischenzug, mit dem Weiß um die Kontrolle der weißen Zentrumsfelder kämpft. Vereinfacht könnte man sagen, wer hier e4 kontrolliert, steht besser.} Ng3 $1 {Der beste Zug. Jetzt wird es unglaublich scharf und unübersichtlich.} 22. Nc6 (22. Nxd6 $5 {ein interessanter Zug, der nach einem scharfen Schlagabtausch zum Remis führte.} Qxd6 23. Rc6 Qf8 24. hxg3 fxg3 25. d6 e4 $1 {Diese wichtige Ressource garantiert Schwarz ausreichendes Gegenspiel.} 26. Be2 Rxf1+ 27. Bxf1 Bxg4 28. Qd5+ Kh8 29. Rc7 Be6 30. Qxe4 Bf5 31. Qd5 Be4 32. Qd2 Be5 33. Rc4 Bb7 34. d7 Rd8 35. Nc6 Bxc6 36. Rxc6 Qf5 37. Rc8 Rxc8 38. Qd3 Qf8 39. dxc8=Q Qxc8 {1/2-1/2 (39) Ragger,M (2689) -Nakamura,H (2787) Gibraltar 2016}) 22... Qf8 23. Nxd6 Nxf1 $1 (23... Qxd6 $2 { GM Maze kennt die Feinheiten. Schwarz durfte hier keinesfalls analog zur Nakamura Partie spielen.} 24. hxg3 fxg3 25. Bxg3 $1 $18 {Dieser Zug ist jetzt möglich, weil kein Springer auf b4 hängt.}) 24. Nxf7 Ne3 $1 25. Qb3 Kxf7 $1 { Auf den ersten Blick ein unnatürlicher Zug, aber der einzige, der die Stellung im dynamischen Gleichgewicht hält.} (25... Qxf7 $2 26. Nd8 $18 { das Abzugschach d6 wird tödlich sein.}) 26. h4 $5 {[#] Eine interessante Idee, mit einer kleine Geschichte: Nach dem Turnier in Gibraltar bin ich direkt zur deutschen Bundesliga weitergereist. Es gab jedoch keinen guten Flug, so bestand meine Reiseroute aus einer Busfahrt nach Malaga, einem Flug nach Stockholm, einem weiteren nach Frankfurt und einer abschließenden Zugfahrt nach Trier. Während des Fluges nach Stockholm habe ich 26.h4 gefunden und bis kurz vor Trier waren die wichtigsten Varianten ausgearbeitet.} e4 (26... Qe8 { der beste Zug laut Computer.} 27. d6+ Be6 28. Qxb6 e4 29. Bxe4 {mit möglicher Zugumstellung zur Partie.}) 27. Bxe4 Qe8 28. d6+ $1 (28. Qb4 Bd7 29. Bxg6+ hxg6 30. Qxf4+ Kg8 $19) 28... Be6 29. Qxb6 (29. Qb4 $1 {Ist noch stärker, da der f4 Bauer sofort ins Visier genommen wird.} Nd5 30. Qd2 $1 Ne3 31. h5 Nf8 32. Qf2 $18) 29... Rc8 {Materiell sieht die Lage ausgeglichen aus. Weiß hat drei Bauern für einen Springer, aber die Bauern sind nicht besonders stark und nur einer davon ist ein Freibauer. Deswegen ist Dynamik der entscheidende Faktor in dieser Stellung.} (29... Bxg4 30. Qb7+ Bd7 31. Qxa8 Qxa8 32. Ne5+ Bxe5 33. Bxa8 Bxb2 $1 34. Rc7 Ne5 35. Bc6 Ke6 {ein kompliziertes Endspiel, das bei bestem Spiel remis sein sollte.}) 30. h5 {Ich fand keinen direkten Weg, um den Angriff weiter zu führen und entschied mich deshalb erstmal weiteren Raum am Königsflügel zu gewinnen.} Nf8 (30... Ne5 $5 31. g5 (31. Nxe5+ Bxe5 32. Rxc8 Qxc8) 31... Bd7 32. g6+ hxg6 (32... Kf8 33. h6 Bxh6 (33... Bf6 34. g7+ Kg8 35. Ne7+ Bxe7 36. Rxc8 Bxc8 37. dxe7 $18 {die weißen Bauern entscheiden die Partie.}) 34. gxh7 Nf7 35. Bf3 $16) 33. Nxe5+ Qxe5 34. Bxg6+ Ke6 {Schwarz hat eine fantastische Rettung.} (34... Kg8 35. Rxc8+ Bxc8 36. Qd8+ Bf8 37. h6 $18 { der weiße Bauer ist überraschenderweise nicht mehr vor der Umwandlung abzuhalten.}) 35. Rxc8 Qd5 $3 36. Rc2 Nxc2 37. Qd8 Qd1 38. Qe7+ Kd5 {mit unglaublich kompliziertem Spiel.}) 31. g5 Nd7 $2 (31... Qd7 $1 {Der beste Zug. Schwarz entkräftet die Drohung g6 und übt Druck auf d6 aus.} 32. Qc5 $1 $16 { mit der Idee, mittels h6 und Läufer c3 die Kontrolle über die schwarzen Felder zu erlangen.}) 32. Qb4 $1 {ein sehr vielseitiger Zug. Es droht g6 sowie Läufer h7 und die weiße Dame behält die Schwäche f4 im Auge.} Kf8 33. h6 $1 {Die Eroberung der schwarzen Felder beginnt.} Bh8 34. Bc3 $1 {Eine starke Idee. Der Abtausch der schwarzfeldrigen Läufer führt zu einer enormen Schwächung der schwarzen Felder.} Bxc3 35. Qxc3 $1 (35. Rxc3 $6 {Obwohl die schwarzen Figuren sehr passiv stehen, muss Weiß genau sein. Rc3 würde überraschend schwarzes Gegenspiel erlauben.} Qh5 $1 36. Qd4 Qd1+ (36... Ke8 37. g6 $18 hxg6 38. Ne7 $18) 37. Qxd1 Nxd1 38. Rf3 $18) 35... Qf7 36. Qd4 Qg8 37. Rc5 $1 { [#] Diese Idee hatte ich schon bei 33.h6 geplant. Schwarz hat so viele Figuren, aber sehr wenige, die sich um die schwarzen Felder kümmern. Die weiße Idee ist es, g6 gefolgt von Turm g5 zu spielen.} Nxc5 38. d7 $3 {Die Krönung des weißen Spiels. Die Drohungen auf den schwarzen Feldern sind tödlich.} (38. Qxc5 Bd7 39. Qe5 Re8 40. Qf6+ Qf7 41. Ne5) 38... Qxg5 (38... Nxe4 {mit der Idee, Dame d6 zu verhindern.} 39. d8=Q+ Rxd8 40. Qxd8+ Kf7 41. Ne5#) 39. Qh8+ Kf7 (39... Qg8 {auch hier kann sich Schwarz nicht mehr halten und es ergeben sich schöne Mattmotive.} 40. Qf6+ Qf7 41. dxc8=Q+ Bxc8 42. Qd6+ Kg8 43. Ne7+ $18 Kf8 44. Ng6+ Ke8 45. Bc6+ Nd7 46. Bxd7+ Qxd7 (46... Bxd7 47. Qb8+ Bc8 48. Qxc8#) 47. Qf8#) 40. Qxh7+ Kf8 41. Qh8+ Kf7 42. Bg6+ $1 {[#] Dieses Scheinopfer führt zur Umwandlung beider Bauern.} (42. Ne5+ {gewinnt ebenfalls, aber die Partiefortsetzung ist schöner.} Ke7 43. Qxc8 Nxd7 44. Ng6+ Kf7 45. h7 $18) 42... Kxg6 (42... Qxg6 43. Ne5+ Ke7 44. dxc8=N+ {gewinnt am klarsten und schönsten}) 43. Qg7+ Kh5 44. Qxg5+ Kxg5 45. dxc8=Q Bxc8 46. h7 {[#] ein hübsches Bild. Nach dem taktischen Schlagabtausch wurden alle Figuren getauscht. Schwarz hat zwei Figuren mehr, aber kann den h-Bauern nicht mehr stoppen. Wer konnte sich das bei 30. h5 erträumen?} Bb7 47. Nd4 $1 {Mit Springer und Dame lässt sich der Gewinn für Weiß leichter realisieren, da er mit diesem Duo besser auf Angriff spielen kann.} (47. h8=Q Bxc6 48. Qe5+ Kg4 49. Qxc5 Bxg2 50. Kf2 $18 {gewinnt ebenfalls, erfordert jedoch noch etwas Arbeit.}) 47... Bxg2 48. h8=Q Ne4 49. Qe5+ (49. Qe5+ Kg4 50. Ne6 {und Weiß gewinnt neben dem f-Bauern auch noch eine Figur.}) 1-0